Veröffentlicht am 13.11.2025

E-Lkw Transformation: 3 Faktoren für TCO, Netz & Fahrerakzeptanz.

Ich hatte Sönke Stührmann vom Fraunhofer IFAM in „Hätte Hätte Lieferkette“ zu Gast. Sönke leitet dort das Mammutprojekt „Transportation in Charge“, wo sie mit über 300 E-Lkw im realen Feldversuch untersuchen, wie die Elektrifizierung im Gewerbegebiet wirklich funktioniert.

Die Erkenntnisse, die Sönke mir im Gespräch mitgegeben hat, sind glasklar: Wer in der Logistik glaubt, die Umstellung auf E-Lkw sei ein simples „Plug & Play“, der unterschätzt die Komplexität massiv. Das Kernproblem sitzt nicht auf der Straße, sondern im Netzanschluss.

shared charging

Der rote Faden: Das Netz kapituliert, bevor der Lkw lädt

Wir reden ständig über Reichweiten und Batterien, aber die größte Hürde für die breite Einführung von E-Lkw ist die Netzkapazität in den deutschen Gewerbegebieten.

Das Projekt hat bestätigt, was viele Logistiker im Gefühl haben: Die lokalen Stromnetze sind oft nicht dafür ausgelegt, dutzende Schwerlast-Lkw gleichzeitig mit hohen Leistungen zu versorgen. Ein einziger Hochleistungsladepunkt (wir reden hier von 700 kW, nicht MW!) kann bereits dazu führen, dass kein weiteres Unternehmen in der Nachbarschaft mehr eine Ladesäule installieren kann. Die Netzverfügbarkeit ist nicht immer gegeben.

Die Konsequenz ist brutal: Entweder ein aufwendiger und teurer Ausbau des Netzanschlusses oder die drastische Limitierung der Flottengröße. Hinzu kommt der regulatorische Flickenteppich: Jeder Netzbetreiber hat eigene Anschlussbedingungen. Sönke fasste es spitz zusammen: Die Lade-Bürokratie ist echt. Ein Trafo aus Rothenburg passt eben nicht nach Stuttgart. Verrückt, aber wahr.

Sönke Stührmann

Sönke Stührmann

„Der Erfolg hängt nicht von der Batteriegröße ab, sondern davon, ob man miteinander redet.“

Die einzige Lösung: Mut zum Shared Charging

Ökonomisch ist die private Insellösung in vielen Fällen Unsinn. Wenn ein Fuhrpark im Einschichtbetrieb fährt, steht die teure Ladeinfrastruktur den ganzen Tag ungenutzt herum.

Die radikale Antwort auf den Kapazitäts-Engpass ist das Shared Charging.

Das bedeutet, den eigenen Betriebshof für andere Speditionen oder Gewerbetreibende in der Umgebung zu öffnen. Klar, das ist ein Sprung über den eigenen Schatten – die Konkurrenz auf dem Hof. Aber es ist der Weg, um:

  • Die Auslastung der Ladehardware zu optimieren.
  • Die Investitionskosten auf mehrere Partner zu verteilen.
  • Dem Netzbetreiber überhaupt eine vernünftige Planungsgrundlage zu liefern.


Wer jetzt nicht shared, parkt zukünftig in der Schlange. Das Fraunhofer IFAM zeigt, wie dieser Schritt rechtlich und vertraglich gelingt.

Die Kostenfalle Last-Peak: Die Logik vom CFO

Selbst wenn die Netzkapazität steht, lauert die nächste Gefahr: der Last-Peak.

Wir erinnern uns an das Zitat von Andreas Jedamczyk: Ohne intelligentes Lastmanagement brauchen Sie gar nicht anfangen. Wenn alle E-Lkw gleichzeitig (beispielsweise um 22:00 Uhr) an die Säule angeschlossen werden, entsteht ein massiver Spitzenverbrauch.

Dieser Peak definiert die maximale Netzinanspruchnahme und dient als Berechnungsgrundlage für die Netzentgelte. Wenn der Peak kommt, rechnet der CFO die Hölle heiß. Das Ergebnis sind unnötig hohe Fixkosten, die schnell Tausende von Euro mehr im Jahr ausmachen.

Die Lösung ist gesteuertes Laden, das den Routenbedarf, die Energiequellen (PV-Strom) und die Lastverteilung berücksichtigt, um den teuren Peak zu kappen.

Das Fazit des Feldversuchs: Es funktioniert mehr, als wir dachten
Trotz aller Komplexität: Das Projekt belegt, dass sich der Umstieg rechnet.

Die Wirtschaftlichkeit ist in den meisten Fällen lukrativ. Die Mautbefreiung (die das Grinsen anfängt) und die niedrigen Verbrauchswerte sind starke Argumente.

Und der Faktor Mensch? Die Fahrerakzeptanz ist hoch. Sönke Stührmann sagte es so schön: „Die Fahrer sind auch total zufrieden, alle. Es macht Spaß und ich habe Lust damit zu fahren.“ Das ist ein entscheidender Vorteil im Kampf um Fachkräfte.

Der Umstieg auf E-Lkw erfordert eine ganzheitliche Planung. Es ist die Zeit der Energie-Analysten und Logistik-Optimierer. Der Umstieg? Kein No-Brainer. Aber machbar. Wer jetzt die Hausaufgaben macht, strukturiert plant und Mut zum Sharing beweist, der wird auf lange Sicht der Gewinner der neuen elektrischen Lieferkette sein.

Hätte Hätte Lieferkette Podcast Cover. Ein isometrischer Lkw in gelb und grau, dessen Plane oben offen ist. Daraus springt ein Mikrofon.

Der Baulogistik- &
Supply-Chain-Podcast

mit Lennart Paul